Wie familienfreundlich sind Unternehmen am Niederrhein?
Veröffentlicht: Dienstag, 24.05.2022 07:04
Familienfreundliche Unternehmen – oft ein Thema, das wenig interessiert – bis es uns selbst betrifft. Wie offen ist mein Arbeitgeber für Elternzeit?

Oder aber, wenn ich meine Eltern pflegen muss? Einige Unternehmen hier bei uns am Niederrhein sind diesbezüglich fortschrittlicher, andere weniger.
Was heißt "Familienfreundlichkeit" überhaupt?
Die IHK Mittlerer Niederrhein beschreibt Familienfreundlichkeit zum Beispiel so: "Von flexiblen Arbeitszeitregelungen bis hin zu Führung im Tandem – wichtig ist, dass Mitarbeiter ihre Bedürfnisse ansprechen können und eine Rücksichtnahme erfahren". So individuell wie jede Familie ist, so individuell müssen auch die Lösungen sein. Kinder, pflegebedürftige Angehörige, aber auch Haustiere – all das zählt dazu. Denn als Gesellschaft kommen wir auch mehr und mehr in die Situation, dass wir Angehörige pflegen müssen.
Zur Wahrheit gehört auch: So läuft es nicht in jedem Unternehmen
Nicht jedes Unternehmen legt großen Wert auf dieses Thema. Sowohl IHK als auch die Krefelder Arbeitsagentur sagen aber: Unternehmen müssen sich darauf einstellen. Die IHK hält das sogar für unverzichtbar. Familienfreundlichkeit sei zum Standort- und Wettbewerbsfaktor für Arbeitgeber geworden. Weil sich der Arbeitsmarkt eben immer mehr zum Bewerbermarkt entwickelt: Die Unternehmen bewerben sich häufig beim Arbeitnehmer und nicht mehr andersrum.
Was haben die Unternehmen davon?
Flexible Arbeitszeiten sorgen für weniger Personalausfälle und Krankmeldungen, höhere Motivation und bessere Arbeitsergebnisse, sagt die IHK. Die Krefelder Arbeitsagentur und auch die IHK sagen: Wer Fachkräfte für sich gewinnen möchte, muss familienfreundlich werden. Um mithalten zu können, müssen Unternehmen zum Beispiel flexible Arbeitszeiten, Homeoffice oder auch unterschiedliche Teilzeitmodelle anbieten. Familienfreundliche Unternehmen im Kreis Viersen und in Krefeld können für ihre Maßnahmen auch Preise gewinnen.
Was muss sich in unserer Gesellschaft noch tun?
In den letzten Jahren hat es in der Arbeitswelt und in unserer Gesellschaft einen kleinen Wandel gegeben: Wir gehen an vielen Stellen weg von dem klassischen Familienmodell, bei dem der Vater arbeitet und die Mutter die Kinder betreut. Zum einen, weil viele Frauen selbst gerne arbeiten möchten; zum anderen, weil es finanziell womöglich nicht anders geht.
Das Teilzeitmodell ist aber offenbar immer noch das gängigste Mittel – vor allem für Frauen. Daten des Statistischen Landesamtes zeigen: 73 Prozent der Krefelder Frauen und fast 80 Prozent der Frauen aus dem Kreis Viersen arbeiten in Teilzeit.
Teilzeit hat für Frauen oft auch Nachteile
Das fängt beim Gehalt an. Wer nur die Hälfte der Zeit arbeitet, bekommt auch in der Regel nur die Hälfte des Gehalts – und zahlt auch weniger in die Rentenkasse ein. Unterm Strich steht für die Frau bei diesem Modell weniger Geld und eine größere Abhängigkeit vom Partner. Auf der anderen Seite ist es auch wichtig und richtig, dass es diese Modelle überhaupt gibt. Manche könnten sonst womöglich gar nicht erst arbeiten und es ermöglicht oft erst, Familie und Beruf unter einen Hut zu kriegen.
Sind die Rollen anders, gibt es oft Vorurteile
Das sagt Heiner Fischer, selbst Vater und Vätercoach aus Krefeld:
Ändern kann sich das nur, wenn Unternehmen familienfreundliches Arbeiten auch möglich machen. Es gilt nicht nur, die Frage zu klären: Lässt der Arbeitgeber Teilzeit überhaupt zu? Sondern auch: Welche Modelle bietet der Arbeitgeber an? Nicht jedes Modell passt für jede Lebenssituation.
Individualität ist das Stichwort
Nicht für jeden macht es Sinn, nur vormittags zu arbeiten. Für Unternehmen, die nicht flexibel sind, wird es immer schwieriger, Personal zu finden, sagen sowohl Arbeitsagentur, als auch IHK und auch Michael Fechler von der Unternehmerschaft Niederrhein:
Teilzeit ist nicht gleich Teilzeit. Es gibt unterschiedliche Modelle. Der Klassiker: statt acht nur vier Stunden pro Tag arbeiten oder nur drei statt fünf Tage pro Woche. Eine weitere Möglichkeit: Teilzeitbezahlung bei voller Arbeitsleistung; so werden Überstunden aufgebaut für eine längere Auszeit. Teilzeit ist allerdings nur ein Baustein von vielen. Darüber hinaus bieten Unternehmen auch noch viele weitere Möglichkeiten an, etwa einen finanziellen Bonus, wenn Arbeitnehmer heiraten, ein Fahrrad des Arbeitgebers oder die Übernahme von Kita-Gebühren.
Der Wettbewerb "Familienfreundliches Unternehmen"
Das Krefelder Netzwerk Wirtschaft und Familie lobt wieder den Preis für das familienfreundlichste Unternehmen in Krefeld aus. Das Schöne daran: Ihr könnt Euren Arbeitgeber bewerben und müsst nicht darauf hoffen, dass er das selbst übernimmt. Euer Arbeitgeber ist der familienfreundlichste in Krefeld? Dann schickt noch schnell eine Bewerbung ab, denn die Bewerbungsfrist für den Preis für das familienfreundlichste Unternehmen, die läuft nur noch bis zum 31.05.2022. Bewerben geht ganz einfach online auf der Website des Krefelder Netzwerkes.