Nach Abschied von Papst Franziskus: Konklave rückt in Fokus
Veröffentlicht: Sonntag, 27.04.2025 12:15

Katholische Kirche
Rom (dpa) - Schlicht und unscheinbar wirkt die letzte Ruhestätte von Papst Franziskus. Ein Grabstein aus Marmor, darauf steht «Franciscus». Eine einzelne weiße Rose liegt daneben, als erstmals Gläubige und Besucher zum Grab des Pontifex in der Kirche Santa Maria Maggiore kommen. Unterschiedlicher könnte die Atmosphäre kaum sein zum Vortag, als Franziskus in einer Trauerfeier vor Hunderten Staatsgästen und Hunderttausenden Besuchern auf dem Petersplatz und anschließend bei einer Fahrt durch die Straßen Roms verabschiedet wurde.
Am Sonntag war von der Hektik und Aufregung in Rom nichts mehr zu spüren - doch der nächste Höhepunkt steht schon bevor: Nach der Beisetzung von Franziskus rückt für die Kardinäle im Vatikan und viele der weltweit 1,4 Milliarden Katholiken das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes in den Fokus.
Kardinäle beraten über Papstwahl - Termin in zweiter Mai-Woche?
Die höchsten Würdenträger der Kirche beraten bereits seit Tagen über die nächsten Schritte. Möglicherweise wird schon an diesem Montag verkündet, wann das Konklave beginnen soll. Es wird vermutet, dass es für die 135 wahlberechtigten Kardinäle am 5. oder 6. Mai so weit sein dürfte. Dann schließen sie sich in der Sixtinischen Kapelle ein, um den 267. Papst zu wählen.
Kardinal Reinhard Marx vom Erzbistum München und Freising erwartet, dass das Konklave «wenige Tage» dauern wird, also so wie alle Papstwahlen in den vergangenen Jahrzehnten. Seit den 1960er Jahren waren die Wahlen stets nach höchstens drei Tagen entschieden.
Für manche Beobachter ist der deutsche Kardinal zwar kein Kandidat auf das Papstamt, könnte dank seines Einflusses aber als «Königsmacher», also Strippenzieher oder Stimmenbeschaffer, wichtig werden. «Ich glaube, ich bin im falschen Film», sagte er jedoch dazu und ergänzte: «Wir wählen keinen König.»
Favorit Parolin hält erste Sonntagsmesse nach Tod von Franziskus
Offizielle Kandidaten für die Nachfolge von Franziskus gibt es nicht. Allerdings wird schon seit Tagen munter über Favoriten und Außenseiter spekuliert. Die Nummer eins bei den Buchmachern ist Pietro Parolin, der bislang als Kardinalstaatssekretär die inoffizielle Nummer zwei im Vatikan war und als Vertrauter von Franziskus galt. Am Sonntag leitete der 70-Jährige auf dem Petersplatz die erste Sonntagsmesse seit dem Tod von Franziskus.
Um Papst zu werden, muss ein Kardinal im Konklave die Stimmen von zwei Dritteln des Kollegiums bekommen. Am ersten Tag ist ein Wahlgang angesetzt, in den folgenden dann jeweils vier. Ist ein neuer Pontifex gefunden, steigt weißer Rauch aus dem extra für die Wahl auf das Dach der Sixtinischen Kapelle angebrachten Schornstein auf. Im Anschluss wird das berühmte «Habemus Papam» den wartenden Menschen auf dem Petersplatz zugerufen.
Predigt bei Requiem: Franziskus «hat die Herzen berührt»
Just auf jenem zentralen Platz im Vatikan und in den vielen Straßen drumherum hatten am Samstag Hunderttausende Abschied genommen von Franziskus. Fünf Tage nach dessen Tod im Alter von 88 Jahren erinnerten sich die Gläubigen und Schaulustigen, Pilger und Ehrengäste, Staatschefs und Geistlichen an das mehr als zwölf Jahre lange Pontifikat von Franziskus.
«Er hat die Herzen berührt», sagte Kardinal Giovanni Battista Re, der den Trauergottesdienst leitete. In seiner Predigt erzählte er von emotionalen Stationen aus Franziskus' Leben, von dessen Einsatz für die Armen und Schwachen, vom Kampf gegen Krieg, Hass und Not. Immer wieder brandete Applaus auf unter den Besuchern, von denen manche schon um 5.30 Uhr auf den Platz gekommen waren und stundenlang in Roms Frühlingssonne warteten.
Erstes Franziskus-Wunder schon vor Trauerfeier?
«Brücken bauen und keine Mauern», dazu habe Franziskus die Mächtigen der Welt immer wieder aufgefordert, erinnerte Re. Einige von ihnen saßen bei dem Requiem als Ehrengäste neben dem großen Altar auf dem Petersplatz. US-Präsident Donald Trump war gekommen, auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premier Keir Starmer, UN-Generalsekretär António Guterres und EU-Kommissionschef Ursula von der Leyen.
Vor Beginn des Gottesdienstes kam es im fast leeren Petersdom zu einem Treffen zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Nachdem der Amerikaner mit Selenskyj erst jüngst im Weißen Haus öffentlich gestritten hatte, saßen sich beide nun auf schlichten Stühlen und in harmonischer Atmosphäre gegenüber.
Die von Selenskyjs Team verbreiteten Fotos gingen um die Welt - und manch Kommentator sah in der Begegnung auf Augenhöhe zwischen Trump und Selenskyj schon Franziskus' erstes Wunder.
400.000 Menschen rund um Petersplatz und am Straßenrand
Frank-Walter Steinmeier würdigte den am Ostermontag verstorbenen Pontifex als Mann der Barmherzigkeit. Franziskus habe sich immer um «die am Rande Stehenden, die Ausgegrenzten» gekümmert, sagte der Bundespräsident, der die deutsche Delegation unter anderem mit dem geschäftsführenden Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) anführte. «Das hat er gefordert, gelebt und vorgelebt.»
Oft versuchte Franziskus, die Aufmerksamkeit auf die Armen und Schwachen zu lenken - am Samstag aber stand er noch einmal im Mittelpunkt. «Ciao Papa», riefen viele der rund 250.000 Menschen auf dem Petersplatz und drumherum, als der Sarg nach dem Requiem weggetragen wurde. Papa heißt auf Italienisch Papst. «Grazie Francesco», stand auf Fahnen und Plakaten
Dann wurde der Sarg von Jorge Mario Bergoglio, so sein bürgerlicher Name, in einem offenen Papamobil durch die Straßen von Rom gefahren. Weitere 150.000 Menschen verfolgten nach Einschätzung des Vatikans den Trauerzug von den Bürgersteigen. Der Konvoi passierte ikonische Orte der Ewigen Stadt wie die Piazza Venezia oder das Kolosseum. Überall drängten sich die Menschen neben der Straße, hielten ihre Handys hoch und applaudierten.
Riesige Warteschlange vor Papst-Grab in Santa Maria Maggiore
Für die Sicherheitsbehörden war der Tag eine riesige Herausforderung: Die Polizei und Spezialkräfte auch des Militärs mussten nicht nur die Feier auf dem Petersdom und den Trauerzug sichern. Davor und danach galt es auch, die mehr als 160 Delegationen sicher durch die Stadt zu eskortieren. Es kam zu keinen Zwischenfällen, die Verantwortlichen zogen ein positives Fazit.
Für die Kirche Santa Maria Maggiore dürften von nun an generell mehr Ordnungskräfte nötig sein. Schon am ersten Tag bildeten sich Warteschlangen von Hunderten Metern vor dem Gotteshaus. Die Menschen wurden gebeten, zügig am Grab vorbeizugehen. Einige weinten, als sie vor der Marmortafel standen, der Tafel mit der weißen Rose und dem einen Wort: «Franciscus».



