Krefeld I: Die Linke-Politiker Stephan Hagemes im Gespräch

Die Bundestagswahl rückt immer näher und wir wollen Euch die Kandidaten aus Krefeld und dem Kreis Viersen vorstellen. So könnt Ihr Euch ein besseres Bild machen, wen Ihr am 23.02.2025 mit Eurer Erststimme wählen wollt.

© Die Linke Krefeld

Stephan Hagemes ist in Tönisvorst geboren, in Hüls aufgewachsen und lebt auch immer noch in Krefeld. In seinem Wahlbezirk Krefeld I / Neuss II wurde er zum Direktkandidaten Der Linken in Krefeld gewählt. Seit 2007 setzt sich Hagemes in der Linken für Krefeld ein. Besonders am Herzen liegen ihm soziale Gerechtigkeit und ein bezahlbarer Wohnraum.


Unsere Fragen an Stephan Hagemes

Warum liegt Ihnen Krefeld am Herzen? Was macht Krefeld aus?

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„Nun, ich bin wirklich hier groß geworden und auch geboren in Krefeld, also habe nie woanders gelebt. Und Krefeld hat eine große, bunte und freie Kulturszene, die wir zum Beispiel beim „Fest ohne Grenzen“ auch immer wieder kennenlernen können, weil da Bands kostenlos für uns auftreten, also für das Bündnis gegen Rassismus, wenn ich uns sage. Es gibt in Krefeld viele engagierte Menschen, die sich ehrenamtlich einbringen für ein friedliches Zusammenleben, gegen Armut, Fremdenfeindlichkeit und für die Umwelt. Da hätten wir die Emmaus-Gemeinschaft, das Bündnis Krefeld für Toleranz und Demokratie, die Seebrücke, Fridays for Future. Und, was ich sehr schön finde, wir haben noch viele Grünflächen in Krefeld. Ich sage noch, weil sich da aus meiner Sicht es eher negativ entwickelt.“

Was läuft bereits gut in Krefeld?

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„Die Linke hat jahrelang gefordert, dass es ein Drogenhilfezentrum gibt. Seit zwei Jahren haben wir das endlich, was wir natürlich sehr begrüßen. Es entwickelt sich so ein bisschen was beim Wohnungsbau, aber zu wenig. Es fällt mir ehrlich gesagt schwer, noch mehr Positives zu finden in der aktuellen Situation, in der wir sind. Das ist schwierig, weil Krefeld wirklich in einer finanziell, nicht nur finanziell sehr schwierigen Lage ist. Armut und Obdachlosigkeit wachsen spätestens seit Corona und zwar auch wahrnehmbar auf der Straße. Die Lokalpolitik, also die anderen Parteien jedenfalls, beklagen in verschiedenen Ausschüssen immer die zunehmende Aggressivität auf der Straße. Auch nicht schön. Also eigentlich jeder Mensch in Krefeld, der versucht, seinen Mitmenschen eher zu helfen und solidarisch ist und nicht sagt - „ich setze mich rücksichtslos durch“ - ist schon was Positives. Davon haben wir zum Glück sehr viele. Aber die sind relativ alleine, wenn weiter die Armut zunimmt, für die Krefeld alleine ja auch nichts kann. Also das kommt ja mehr von oben, dass wir zu wenig Geld in Krefeld zum Beispiel haben."

Was muss sich konkret noch verbessern?

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„Ja, also wir haben in Krefeld zwischen 5.000 und 6.000 leerstehende Wohnungen. Und tausende Krefelder und Krefelderinnen suchen eine bezahlbare und gesunde Wohnung. Teilweise seit Jahren. Andere leiden sehr stark darunter, dass die Wohnung, in der sie leben und die akzeptabel als Wohnung ist, viel zu teuer ist. Dazu wachsen Armut und Obdachlosigkeit seit Jahren, was Mensch auch in der Innenstadt natürlich mitbekommt. Die Unsicherheit wächst dadurch bei den Leuten. Zusätzlich werden dann von der großen Politik sozusagen, das ist in diesem Fall halt der Oberbürgermeister und SPD noch dahinter, werden so Protzprojekte wie der Surfpark gepusht. Und andererseits das Naturschutzgebiet Hülser Bruch wird nicht genug geschützt vor privater Umweltzerstörung im großen Stil. Da ganz konkret, der Rohrammerdyk ist seit 2021, ich glaube Oktober, auf 150 Metern asphaltiert, rechtswidrig. Und gestern im Naturschutzbeirat, da war ich mal als Gast, erzählte die Fachpreisleiterin Umwelt: Ja, wir können leider immer noch nichts machen, weil der Verursacher eine Klage eingereicht hat dagegen, dass er den Asphalt entfernen muss. Und bis die Klage erledigt ist, das wird zwei Jahre dauern, können wir den Asphalt immer noch nicht entfernen. Das ist eine der Sachen, wo ich sage, nein, so geht es nun wirklich nicht. Es ist von der Bezirksregierung und von dem Fachbereich Umwelt klar festgestellt worden, es ist ganz klar festgestellt worden, es war rechtswidrig. Aber passiert nichts und die Umwelt darf weiter leiden. Das ist im Naturschutzgebiet. Ja, ansonsten haben wir in Krefeld, wie gesagt, das Problem mit den leerstehenden Wohnungen und der Wohnungsnot. Und das ist wirklich ein großes Problem.“

Was möchten Sie in der nächsten Legislaturperiode im Bundestag für Krefeld erreichen?

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„Der Kämmerer oder auch, ich kann nur sagen, Finanzminister der Stadt Krefeld sagt jedes Mal, wenn er den Haushalt einbringt im Stadtrat, wir haben zu wenig Geld vom Bund. Der Bund bezahlt das, was die Stadt machen muss, nicht genug. Und da hat er völlig recht. Das heißt, die Kommune ist völlig unterfinanziert, die anderen Kommunen auch. Das betrifft sehr viele Kommunen in NRW. Und das ist eine der Sachen, die sich ändern müssen. Also das heißt, die Bundespolitik muss per Gesetz dazu verpflichtet werden, die Kommunen ordentlich auszustatten. Dann hätte Krefeld sowohl genug Geld, um die Aufgaben zu erledigen, die Krefeld erledigen muss. Und andererseits kann Krefeld dann handlungsfähig sein. Wir sagen immer, nur Reiche können sich arme Kommunen leisten. Da die Menschen aber eine soziale Wohnungspolitik brauchen, da wir öffentlich geförderten sozialen Wohnraum brauchen, da die Obdachlosenhilfe schneller und mit mehr Mitteln aufgebaut werden muss, und da wir eine Sanierungsoffensive brauchen, um die leerstehenden, die tausenden an leerstehenden Wohnungen wieder zu sanieren, damit die vermietet werden können, damit Leerstadt mit Leben gefüllt werden kann, damit wir die Probleme Armut und Aggressivität auf der Straße angehen können, braucht Krefeld genug Geld. Und natürlich auch eine Bundespolitik, die sagt, ja, sozialer Wohnungsbau wird vom Bund mit unterstützt, die Kommunen kriegen Geld dafür und sozialer Wohnungsbau heißt, eine Sozialwohnung bleibt auch Sozialwohnung und fällt nicht nach 20 Jahren aus der Bindung. Das sind die zwei Sachen. Mehr Geld für Krefeld, wie für alle Kommunen vom Bund, damit die Kommune handlungsfähig ist und soziale Wohnungspolitik, die in Krefeld dringend nötig ist und die auch als großen Teils Bundespolitik ist.“

Was ist Ihre Vision für Krefeld?

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„Ich wünsche mir in erster Linie, dass wir in einer menschenfreundlichen Stadt ohne Kinderarmut leben. Mit genügend bezahlbaren und menschenwürdigen Wohnungen. Ich wünsche mir, dass wir hier mehr ein Zusammengehörigkeitsgefühl haben - dass das Zusammengehörigkeitsgefühl wächst, statt dass Nationalismus wächst. Ich wünsche mir eine humane Armutsbekämpfung statt Ausgrenzung und mehr Grün statt weniger Grün. Ehrlicherweise sehne ich mich geradezu danach, dass es hier endlich weniger als mehr Probleme werden. Da bin ich wahrscheinlich nicht der Einzige. Aber ohne eine sozialere Bundespolitik sehe ich wenig Chancen, denn Krefeld fehlt das Geld.“

Mit welchen Parteien würden Sie im Bundestag zusammenarbeiten, um Ihre Ziele zu erreichen?

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„Ehrlich gesagt, die Linke hat die Erfahrung gemacht, dass wir aus der Opposition verändern und verbessern können. Früher hieß es bei uns, Veränderung beginnt mit Opposition. Heute sagen wir ja, das Motto ist bekannt, alle wollen regieren, wir wollen verändern. Ich sehe aktuell tatsächlich bei allen anderen Parteien im Bundestag wenig Spielraum für das, was wir möchten. Wir wollen sozial Aufbau und Abrüstung. Gerade bei den größeren Parteien habe ich da wenig Hoffnung. Aber wenn eine Partei bereit wäre, mit uns gemeinsam für einen höheren gesetzlichen Mindestlohn zu stimmen, mit uns gemeinsam für eine Millionärs- und für eine Milliardärssteuer zu stimmen, für die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Eine Partei, die das ehrlich mit uns zusammen machen würde, mit der können wir auch zusammenarbeiten. Aber ich sehe weder bei der CDU noch bei der SPD, der FDP, den Grünen, erst recht nicht bei der AfD und leider auch beim BSW, sehe ich nicht, dass die eine soziale Politik machen wollen, die auf Kosten der Überreichen für die Normalbevölkerung Politik macht. Und darum wollen wir das sehen. Ich hoffe, dass die Bevölkerung und das starke Linke in den Bundestag wählt und dass dann vielleicht auch die anderen Parteien ein bisschen mehr unter Druck gesetzt werden, dass sie soziale Politik machen und nicht weiterhin Lobbypolitik für die überreichen. Der Mindestlohn der Gesetzlichen ist damals eingeführt worden. Wir haben ihn viele Jahre vorher verlangt, ohne dass wir in die Regierung gegangen sind. Wir können auch aus der Opposition was verändern und verbessern.“

Wie nehmen Sie Ihren Wahlkampf wahr? Wie läuft es?

© Welle Niederrhein

„Als wir erfuhren, dass im Februar gewählt wird, war für mich klar: „oh Mann, Winterwahlkampf. Und ich bin eine Frostbeule. Ganz ehrlich.“ Aber was ich nicht erwartet hatte und was uns sehr, sehr freut, wir haben seit November einen immensen Mitgliederzuwachs. Nicht nur im Bund, in NRW, sondern auch in Krefeld. Wir waren noch nie über 100, seitdem es uns gibt. Ich bin seit 2007 dabei. Jetzt sind wir deutlich über 100. Und das Schöne ist, wir haben junge Mitglieder. Wir haben weitaus mehr Frauen als früher bekommen, was sehr schön ist. Und das macht den Wahlkampf deutlich einfacher, weil wir jetzt mit mehr Leuten am Stand sind. Es ist eine gute Stimmung. Die Menschen bringen sich ein. Ich glaube, genau zu dieser Zeit fahren ein paar meiner Genossinnen und Genossen, meistens jüngere Leute, gerade wieder Plakate rum. Also es wird gerade jetzt wieder plakatiert, wenn ich hier sitzen kann. Früher, also noch vor einem Jahr, hätte ich gedacht: „ach du Schande Wahlkampf, was machen wir jetzt? Wir haben gar nicht die Leute dafür.“ Jetzt haben wir die Leute dafür und darum läuft es auch ganz gut.“

Warum sollten wir Sie und Ihre Partei wählen?

© Welle Niederrhein

„Die Linke ist aus meiner Sicht die einzige Partei, die fordert Mensch und Umwelt vor Profit. Wir stellen die Menschen und die Menschenrechte in den Mittelpunkt. Wir sind auch die einzige Bundestagspartei, die sich mit den Profiteuren des Sozialabbaus anlegt und diese nennt. Die Chefetagen der großen Konzerne, der Banken und Versicherungen, die Hyperreichen. Und wir nennen auch den Zusammenhang zwischen Rüstungsprofiten und Kriegsgefahr. Beziehungsweise steigender Kriegsgefahr und immer mehr Kriegen. Und darum bin ich der Meinung, dass die Linke die richtige Partei ist. Ich war auch noch nie in einer anderen Partei Mitglied.“

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