Gefälschte Impfpässe in Krefeld und dem Kreis Viersen

Ins Restaurant kommen wir nur noch, wenn wir geimpft oder genesen sind. Gleiches gilt für das Weihnachtsgeschenke shoppen. Die Coronaregeln hier bei uns sind in den letzten Wochen noch mal deutlich strenger geworden, schließen Ungeimpfte vom öffentlichen Leben immer mehr aus. Gleichzeitig tauchen immer häufiger gefälschte Impfausweise auf. In NRW ermittelt das LKA seit April diesen Jahres in etwa 1.200 Fällen wegen gefälschter Impfpässe. Wir haben uns das Phänomen für den Niederrhein mal genauer angeschaut.

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Fälle am Niederrhein

Auch die Behörden hier bei uns haben schon mit Fällen im Zusammenhang mit Impfpass-Fälschung zu tun gehabt. Bei der Polizei im Kreis Viersen sind in diesem Jahr bereits 9 Anzeigen deswegen eingegangen. Auch die Krefelder Polizei berichtet von ingsesamt 19 Strafanzeigen in diesem Zusammenhang seit dem 23.11.2021. Aktuell wird außerdem gegen einen Mitarbeiter des Krefelder Impfzentrums auf dem Sprödentalplatz ermittelt, das bestätigt uns die Stadt. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um einen Mitarbeiter der Stadt, sondern um externes Personal.

Die Staatsanwaltschaft Krefeld bestätigt das auch auf Welle-Niederrhein-Anfrage. Sie sagen aber: Wir prüfen das und können noch nicht sagen, ob hier überhaupt eine Straftat vorliegt. Erst danach wird entschieden, ob weiter ermittelt wird. Gegen einen zweiten Mitarbeiter wurden die Ermittlungen inzwischen eingestellt.


Oftmals fallen solche Fälschungen dann in den Apotheken auf, wenn jemand den Impfausweis digitalisieren lassen möchte. Die Apothekensprecherin aus Krefeld, Mareile Schlebes hat uns allerdings im Gespräch gesagt, dass ihr oder ihren Kollegen bisher noch keine Impfpass-Fälschungen aufgefallen seien. Ähnlich sieht es in den Apotheken im Kreis Viersen aus.


Das Landeskriminalamt rechnet allerdings damit, dass die Fallzahlen mit den verschärften Coronaregeln ansteigen werden.

Die Täter

Die Täter sind meistens echte Profis, die die Polizei schon vorher einmal auf dem Schirm hatte.

"Fälscher wird man nicht von heute auf morgen"

Das sagt Oliver Huth,vom Bund Deutscher Kriminalbeamte dazu:

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Deswegen handele es sich in der Regel um private Fälscher und selten um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Impfzentren oder Ärzte selbst. Selten, heißt aber nicht ausgeschlossen, meint der Experte.

Die Lücken im System

Die Täter nutzen die Lücken im System aus. Denn ein Impfausweis ist anders als ein Personalausweis nicht gut vor Fälschungen geschützt. Dieser hat nämlich noch zusätzliche Hologramme und Sicherheitsmerkmale, die eine Fälschung quasi unmöglich machen. Das ist bei Impfausweisen nicht der Fall. Blanko Impfausweise können im Netz bestellt werden, Stempel ebenso. Häufig werden die Chargennummern für die Impfdosen dann einfach kopiert, oder neu generiert. Deswegen lassen sich Fälschungen nur schwer vom Original unterscheiden.


Außerdem steht der Verdacht im Raum, dass einige Sicherheitsmaßnahmen in den Impfzentren zu Beginn vielleicht zu lasch waren. Das kritisiert unter anderem auch der Krefelder Strafverteidiger Tim Cörper im Welle-Niederrhein-Interview:

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Konfrontiert haben wir auch die ehemalige Leiterin des Krefelder Impfzentrums auf dem Sprödentalplatz, Sabine Hilcker vom Deutschen Roten Kreuz, mit den Vorwürfen. Denn letztendlich geht es um Fehler in Ihrem Impfzentrum. Sie räumt ein, dass man zu Beginn der Impfkampagne nicht damit gerechnet habe, dass jemand Impfnachweise fälschen könnte.


Da ging es schnell. Da wurde wahrscheinlich nicht ganz so sehr darauf geachtet, dass aus verschiedenen Bereichen die Leute aufeinander aufgepasst haben


Dieses "Vier-Augen-Prinzip" sei dann aber noch mal nachgebessert worden, nachdem die ersten Fälle von Impfpass-Fälschungen in Deutschland bekannt geworden sind. Außerdem habe man noch einmal alle Zugänge der Mitarbeiter geprüft und dafür gesorgt, dass die Mitarbeiter-Teams häufiger durchgetauscht werden.

Strafen

Auch rechtlich wurde das Problem lange unterschätzt, die Rechtslage war lange Zeit unklar. Bisher war es zum Beispiel nur strafbar, wenn man ein gefälschtes Dokument einer Behörde vorgelegt hat. Für Apotheken galt das nicht. Diese Rechtslücke haben viele Experten kritisiert. Denn: Aktuell legen wir ja häufig den Apotheken einen Impfausweis vor und die erstellen uns darauf ein digitales Impfzertifikat. Und was einmal digitalisiert ist, ist nicht mehr vom Original zu unterscheiden.


Hier wurde jetzt aber im Infektionsschutzgesetz nachgebessert. Dafür hat sich unsere neue Ampel-Regierung eingesetzt. Das Ergebnis: Sowohl der Gebrauch, als auch das Erstellen und Vertreiben ist eine Straftat. Alleine für den Gebrauch drohen hohe Geldstrafen oder bis zu ein Jahr Haft. Für die Fäscher wird es besonders unangenehm: Wer ausstellt und vertreibt, kann bis zu fünf Jahre hinter Gitter kommen.


"Nicht nur die Täter begehen eine Straftat, sondern auch die Käufer. Wer einen solchen gefälschten Impfpass gebraucht, macht sich strafbar"

Das hat der Chef des Landeskriminalamtes, Ingo Wünsch, in einer Pressemitteilung noch einmal klargestellt. Viele Juristen erhoffen sich von den Änderungen im Infektionsschutzgesetz jetzt Klarheit für die folgenden Prozesse.

Konsequenzen

Das Fälschen von Impfausweisen ist nicht nur rechtlich strafbar, die ganze Problematik hat noch eine weitere Dimension. Denn durch den Gebrauch eines gefälschten Impfausweisen wird anderen Menschen eine Coronaimpfung vorgetäuscht. Diejenigen kommen so zum Beispiel in Restaurants oder ein Geschäft und gefärden somit Andere, die dann Sicherheitsmaßnahmen, wie den Abstand, nicht mehr soo streng einhalten, befürchtet der Krefelder Impfarzt Dr. Wilhelm Stutzinger. Er hält das für ein großes Problem, sagt er uns im Welle-Niederrhein-Interview:

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Denn von Ungeimpfte geht eine größere Gefahr aus. Das zeigt auch eine Studie der Humboldt-Universität in Berlin. An einem Großteil der Infektionen sind demnach Ungeimpfte beteiligt. Stutzinger verurteilt das Fälschen von Impfausweisen deswegen auf das Schärfste. Das Ganze sei unsolidarisch und auch gefährlich und müsse bestraft werden, sagt er.

Die Lösung

Wie können wir in Zukunft eine Fälschung von Impfausweisen verhindern? Mit dieser Frage beschäftigen sich aktuell viele Experten und Expertinnen. Laut Landeskriminalamt ist der erste Schritt, die Fälschungssicherheit der Dokumente zu verbessern. Impfpässe müssten ähnlich fälschungssicher sein wie Personalausweise oder Geldscheine, betont LKA-Chef Ingo Wünsch.


Gleichzeitig müsste die Digitalisierung der Impfzertifikate vorangetrieben werden, heißt es unter anderem von dem Kriminalbeamten Oliver Huth, vom Bund Deutscher Kriminalbeamter in NRW. Das Vorzeigen eines gelben Papierausweises im Restaurant oder im Geschäft dürfe es seiner Meinung nach gar nicht mehr geben. Das digitale Zertifikat sei einfacher zu kontrollieren und dadurch auch sicherer. Die Digitalisierung erschwere die Arbeit der Fälscher ungemein, sagt Huth.

Was können wir alle gegen Fälschungen tun?

Auf jeden Fall gilt: Keine Bilder von den Impfausweisen im Internet hochladen oder verschicken, darauf weist die Polizei eindringlich hin. Die Chargennummern werden sonst von Fälschern als Vorlage genutzt, um damit gefälschte Impfpässe im Netz zum Verkauf anzubieten.


Solltet Ihr auf Anzeigen im Netz oder im echten Leben aufmerksam werdet, solltet Ihr das außerdem sofort der Polizei melden.


Weitere Infos dazu, wie Ihr gefälschte Impfpässe erkennt, hat die Polizei in NRW gemeinsam mit dem Landeskriminalamt in einem ausführlichen Artikel zusammengefasst. Auf der Website bekommt Ihr ausführliche Tipps zum Erkennen gefälschter Impfpässe.

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